Tierische Freunde!

Sonne, Mond und Sterne – Eine Geschichte von Katja Lührs

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© Anne

Der kleine Bär hatte an diesem
sonnigen, traumhaft schönen Nachmittag seine Hasenfreunde ganz spontan zu sich
und seiner uralten Eiche eingeladen. Eigentlich wollte er ja wie gewohnt ein
kleines Nickerchen halten, aber sein Freund, der große Tukan, auf seiner
Schulter hatte ihn überredet, heute mal etwas anderes zu unternehmen. Ja, und
so kam es zu der Runde unter Freunden bei seinem Lieblingsbaum. Unter dem
starken Baum mit seinen vielen dicken und auch kleineren, zarteren Ästen und
den unendlich vielen Blättern war es wie immer an heißen Sommertagen sehr
angenehm kühl und schattig. Ab und zu wehte ein leichter, sehr angenehmer,
warmer Wind und die Eiche ließ ihre Blätter dazu rauschen.

„Das ist ja bärenstark, euch alle
hier zu treffen“, brummte der kleine Bär sehr glücklich in die Hasenrunde. Der
große Tukan nickte dazu mit seinem Kopf und sein übergroßer, prächtig gelb
gefärbter Schnabel berührte dabei die Schulter seines Freundes nur ganz sachte.
„Uijuju, Vorsicht, hast du schon vergessen, ich bin doch so kitzelig“, lachte
der kleine Bär schallend. Der Tukan,
aus der Familie der Spechte, antwortete mit einem Krächzen: „Genau das will ich
von dir hören und ich will dich mal wieder so richtig herzhaft lachen sehen.“
„So, so“, brummte der kleine Bär und rutschte auf seinem Hosenboden hin und
her, um dann endlich, breitbeinig, eine sehr bequeme Sitzposition einzunehmen.

Die vier Hasen liefen aufgeregt um
ihn herum; abwechselnd streichelten sie ihn an seinen beiden Armen, Füßen und
Tatzen. Der Bär, sichtlich geschmeichelt, brummte vor lauter Wonne vor sich
hin: „Besser geht‘s nicht, Freunde, ich danke euch!“ „Willst du uns bitte
wieder Geschichten erzählen?“, krächzte sein Glücksvogel fast melodisch auf
seiner Schulter. „Ja, ja, ja, jipeejee“, riefen alle vier Hasen gleichzeitig
durcheinander. Jeder versuchte den anderen noch zu übertönen. Zusammen hörte
sich das an wie eine kleine Gesangseinlage. Der kleinste Hase von allen, direkt
vor ihm, der einen riesigen weißen Stern auf seinem Rücken hatte, war auch der
frechste von allen! Zudem war er auch noch ziemlich vorlaut. Er meldete sich
forsch mit seiner hellen, feinen Stimme: „Wir haben uns heute Morgen mit Kreide
gegenseitig die Sonne, den Mond und die Sterne auf unser Fell gemalt. Bitte erzähle
uns: Wohin geht die Sonne am Tag, und warum kommt der Mond in der Nacht? Warum
sehen wir dann auch so viele Sterne, die wir tagsüber nie sehen können?“ Sein
zartes Stimmchen überschlug sich. Und ihm fiel sofort auch noch die
Mondfinsternis ein. Oder war es doch eine Sonnenfinsternis? Na ja! Da konnte
man schon mal durcheinanderkommen. „Ja, und warum ist der Mond manchmal ganz
rund und manchmal so dünn, auch so unterschiedlich dünn? Mal ist er auf der
einen Seite so schmal und dann wieder auf der anderen Seite.“

„So viele Fragen, alle auf einmal,
wie soll ich die alle beantworten können?“, staunte der kleine Bär nicht
schlecht. „Also meine lieben Freunde, jetzt versuche ich euch das alles einmal
auseinander zu dröseln. Der Mond wandert in neunundzwanzig Tagen um die Erde
und ändert während dieser Zeit scheinbar seine Gestalt.“ „Wie, der wandert?“,
fragte der dritte Hase, der vorher noch an der alten Eiche gelehnt hatte und
aufgeregt zum Bären gehüpft war. „Wie kann der wandern?“ Und was für eine
Gestalt hat er, die er scheinbar auch noch ändern kann?“ „Hört erst mal weiter
zu, dann versteht ihr viel mehr! Also, das, was sich wirklich ändert, ist nicht
der Mond, sondern die beleuchtete Fläche des Mondes!“ Der erste Hase, der
Winzling, konnte es nicht lassen und prustete los: „Wo soll denn bitteschön das
Licht herkommen, das den Mond beleuchtet?“ „Von der Sonne!“, erklärte der
kleine Bär. „Während der Mond um die Erde wandert, ändert sich auch seine
Position zur Sonne. Mal steht er zwischen ihr und der Erde, mal hinter der Erde
und auch mal seitlich zur Erde, um deine Frage genau zu beantworten.“ Der
kleine Bär fixierte jetzt genau den Hasen vor sich. Er blickte ihm direkt in
seine kleinen, fast schwarz wirkenden Knopfaugen und setzt erneut zum Reden an:
„Der Mond ist und bleibt eine Kugel am Himmel! Wir sehen aber immer nur eine
halbe Kugel am Himmel.“

„Und wo wandert denn der Mond noch so hin?“, flötete der Tukan in die Runde und sein gelber, mächtiger Schnabel klapperte dazu. „Hat er auch seinen Wanderstab dabei? Warum kracht er eigentlich nicht vom Himmel? Ja, und spaziert die Erde auch in irgendeine Richtung? Sprechen der Mond und die Erde sich ab, wo sie so hinwollen?“ Der vierte Hase stand auf dem linken Bein vom kleinen Bären und bekam einen ziemlich lauten Lachanfall. Er rüttelte, schüttelte sich und konnte sich überhaupt nicht mehr beruhigen. „Ja, wo laufen sie denn hin und weg?“ Diesen Minisatz von nur acht Wörtern brachte er wegen seine vielen Lachsalven kaum verständlich heraus. Immer wieder holte er neu aus, um sich dann wieder vor Lachen zu winden. Und dabei hielt er beide Pfoten auf seinen kleinen Bauch: „Aua, aua, ich habe schon Bauchschmerzen vor Lachen, hört auf, hört auf!“

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© Viviane

„Womit? Wir machen doch überhaupt
nichts, wie wäre es mit Herrn Ernst, der jetzt mal wieder bei dir vorbeischauen
könnte,“ krächzte jetzt schon fast ärgerlich der Tukan. Irgendwie fühlte er
sich nicht nur auf die Schulter, sondern regelrecht auf den Arm genommen.
„Nein, lass doch“, ergriff der kleine Bär erneut das Wort. „Wir führen eine
angeregte, kultivierte Diskussion, und da kann jeder zu unserer Geschichte
beitragen.“ Hase „vier“ hatte sich wieder total im Griff, er hob seine süße
Nase in alle Himmelsrichtungen und dabei spürte er, wie seine langen Barthaare
ihn leicht kitzelten.

Der kleine Bär schnaufte mehrmals tief
ein und aus. Dabei hatte er das Gefühl, er höre sein Gehirn rattern. Er suchte
fast verzweifelt nach den richtigen Worten, guten Sätzen, wie er der
wissbegierigen Hasenmeute und seinem Freund auf seiner Schulter alle
Zusammenhänge zwischen Sonne, Mond, Sternen und der Erde erklären könnte – so,
dass alle es verstehen. „Also, wo war ich stehen geblieben?“ „Der Mond steht –
auf seiner Wanderung um die Erde – mal zwischen der Sonne und der Erde oder irgendwo
anders“, erinnerte sich Hase „zwei“ und kratzte sich dabei an einem seiner
langen Ohren. „Ja, richtig, dabei ändert sich die beleuchte Fläche des Mondes.
Da wir also nur die beleuchtete Fläche sehen, haben wir den Eindruck, der Mond
ändere seine Gestalt. Wir reden ja auch von Halbmond, Vollmond oder Mondsichel!“
„Obwohl inzwischen jeder von uns Hasen und auch unser Freund Tukan wissen
sollte, dass der Mond eine Kugel ist und immer bleiben wird“, kommentierte der
erste Hase, der seine langen Ohren ganz kerzengerade aufgestellt hatte. „Und
wann haben wir dann Vollmond?“, krähte der Tukan laut und für alle deutlich
verständlich. „Vollmond haben wir, wenn die Erde zwischen Mond und Sonne steht
und wir von der Erde aus die volle von der Sonne beleuchtete Mondhalbkugel
sehen.“

Der Tukan hüpfte ganz aufgeregt auf
der Schulter des kleinen Bären herum. „Kreist denn die Erde auch irgendwo hin
oder steht sie nur ganz still da und wartet?“ „Die Erde, mein Freund, ist eine
Reisende im Weltall! Jeder Erdbewohner, wir alle, die Menschen, Tiere, Pflanzen
– einfach alles – sind sozusagen Weltraumreisende. Zunächst einmal flitzt die
Erde mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern in der Sekunde um die
Sonne. Sie umrundet sie, und das genau in 365 Tagen, also in einem Jahr. Ja,
und außerdem dreht sie sich, wie ein etwas schief stehender Kreisel auch noch
rasend schnell um sich selbst.“

„Du willst uns vergackeiern“,
krähte der Tukan. „Wie soll denn das funktionieren? Dann purzeln wir ja alle
von der Erde runter, wenn wir auf dem Kopf stehen?“ „Eigentlich müsste das so
sein, aber da gibt es so eine gewisse Anziehungskraft. Eine richtig unglaublich
starke Schwerkraft!“ Weiter kam der kleine Bär nicht, denn jetzt diskutierten
alle seine Freunde gleichzeitig. Der kleine Bär räusperte sich erst leise und
dann immer lauter und das Ganze verstärkte sich in ein tiefes, ungeduldiges
Brummen. „Hallo, ich würde gerne noch meine Sätze beenden!“ Sofort waren alle
in diesem Moment wieder mucksmäuschenstill. „Springt mal alle in die Luft!“ Die
vier Hasen hüpften vor ihm her und wollten vor lauter Freude gar nicht mehr
damit aufhören. „Ihr landet doch immer wieder auf dem Boden und schwebt nicht
davon, oder?“ „Ja, ja, ja, wo er recht hat, hat er recht“, stimmten alle wie im
Chor ein.

© Nadine

„Aber so landet auch alles, was ihr
in die Luft werft, wieder auf dem Boden, und das nennt man die Schwerkraft. Die
Erde hat eine sehr, sehr starke Anziehungskraft, weil sie so riesengroß ist. Es
ist eine Eigenschaft von Körpern, sich gegenseitig anzuziehen. Voraussetzung
für das Wirken ist die Masse, die Größe. Und genau aus diesem Grund purzelt
nicht alles runter, wenn die Erde sich dreht und wir auf dem Kopf stehen! Ohne
diese Anziehung gäbe es keine Sterne, Planeten oder den Mond. Ist das nicht
unglaublich, unermesslich, einfach gigantisch, super, stark?“ Der kleine Bär
suchte noch nach weiteren starken Wörtern, aber es fiel ihm nichts mehr ein.

In dem Augenblick war es ganz ruhig
unter den Freunden. Man hätte hören können, wie ein Blatt auf den Boden fällt.
Alle machten sich ihre eigenen Gedanken, das „Unfassbare“ irgendwie zu
erklären.

„Warum bist du so klug?“, räusperte
sich nach einigen Minuten der Stille, der frechste unter den Hasen. Der kleine
Bär antwortete: „Das habe ich alles von meinem Lieblingsbaum gelernt, der
Eiche, unter der wir sitzen. Sie ist schon über tausend Jahre alt und hat das
alles beobachten können. Und sie hat viel von ihren Freunden erfahren, den
anderen Bäumen, die schon viele, viele Millionen Jahre vor ihr gelebt haben und
die sich immer wieder die Geschichten von Generation zu Generation erzählt
haben.“ „Wow“, meinte der Winzling, und er hörte sich in diesem Moment wie ein
kleiner kläffender Hund an: „Du kannst dich mit Bäumen unterhalten und sie
erzählen dir Geschichten?“

„Ja, das stimmt! Zuerst nur mit meiner alten Eiche. Aber seit fünfundzwanzig Sonnenuntergängen auch mit allen anderen Bäumen im Wald! Alle Bäume sind meine Freunde, die ich behüte und beschütze. Aber das ist eine ganz andere Geschichte!“

Über die Autorin

Katja
Lührs ist nicht nur eine bekannte Moderatorin und Künstlerin, sie schreibt und
malt auch wunderschön. Zudem liebt sie Tiere, die Natur und die Umwelt!

Deshalb
engagiert sich Katja schon seit mehr als 20 Jahren zusammen mit PETA für die
Rechte der Tiere.

Sie
ist ein Vorbild, denn sie lebt und liebt ihr tierfreundliches Leben an jedem
Tag.

Mehr Informationen: www.katjalührs.com